Die Legende Westernhagen ganz intim in Wien

Marius Müller-Westernhagen begeistert im Museumsquartier in Wien

Liebe zur Musik

Marius Müller-Westernhagen ist seit Beginn des Monats auf Tournee. Auf dem Tour-Plan stand gestern die österreichische Hauptstadt. Im Wiener Museumsquartier rockte der Musiker in einer kuscheligen Wohnzimmer-Atmosphäre rund 1300 Besucher.

Marius Müller-Westernhagen Wien
Westernhagen hatte geladen und 1300 Besucher waren gekommen.

Seine Lieder werden klassischerweise nicht als Schlager bezeichnet. Große Teile des Werks von Marius Müller-Westernhagen aber sind in das kollektive Liedgut ganzer Generationen eingegangen. Er reiht sich in die Ahnengalerie der deutschsprachigen Musikphilosophen ein, die nicht müde werden hinter eingängigen Melodien kritische Botschaften zu platzieren. Neben Größen wie Reinhard Mey und Udo Lindenberg hat er seinen festen Platz.

Das Beste vom Besten

Wie generationsübergreifend seine Musik ist, zeigte sich auch beim gestrigen Wien-Konzert. Sämtliche Altersklassen aus allen Schichten der Gesellschaft waren vertreten. Die erste große Chartplatzierung seiner langen Karriere: 1978 landete sein Album „Mit Pfefferminz bin ich Dein Prinz“ auf dem 19. Platz der deutschen Charts. Auch die gleichnamige Single war gestern zu hören. Seine Songs die uns alle noch im Ohr sind: „Sexy“ (1989) „Willenlos“ (1994) „Wieder hier“ (1998) haben auch schon 20 Jahre auf dem Buckel und besonders in der Retrospektive ist ihre Zeitlosigkeit zu erkennen. Sie sind noch immer die Favoriten bei den Fans.

Zu den Hits von Gestern gesellten sich am Dienstagabend im Wiener Museumsquartier die Klassiker von Morgen: Im vergangenen Jahr erreichte Marius Müller-Westernhagen mit „Alphatier“ die Spitze der Charts – seit 1989 ist diese Position für seine neuen Alben reserviert. Einzige Ausnahme bildete 2009 „Williamsburg“. Das Album landete „nur“ auf dem zweiten Platz. So ließ es sich Westernhagen nicht nehmen auch einige der neuen Lieder zum Besten zu geben: „Alphatier“ war auch gleich der Auftakt des Abends.

Äußerlich scheinen die Jahre an dem 66-Jährigen nicht spurlos vorübergegangen zu sein. Doch innerlich ist immer noch der kritische Rocker, der am Puls der Zeit, das Leid der Welt nicht stumm zur Kenntnis nehmen möchte. Zu seinen Songs erscheinen auf der großen Leinwand Collagen des US-Fotografen Peter Beard. Sie zeigen Alltagsszenen, aber auch große Politiker und Tiere. Immer wieder konfrontiert Westernhagen sein Publikum auf direkte Weise mit dem Leid der Welt und zeigt Bilder von sterbenden Kindern, Tierkadavern, Krieg, Flucht, Geköpften, Knochenbergen, und Vernichtung. Sein markanter, noch immer unveränderter, rauchiger Gesang klingt dazu wie ein leidvoller Hilfeschrei aus der Tiefe seines Herzens.

Hommage an die Musik

Westernhagen lockte 1300 Besucher in das nicht ausverkaufte Museumsquartier. Es war vermutlich eines der intimsten Konzerte seiner diesjährigen Tour. Dabei hat es aber nichts an Intensität eingebüßt. Der Musiker stellt sein Werk in den Vordergrund und wäre er nicht der Sänger des Abends, dann wäre er vermutlich sein eigener Groupie. Wild tanzt er auf der Bühne zur Musik, er springt, hüpft, wedelt und rockt im Takt. Das Schicksal der späten Geburt lässt in den Jüngeren die Frage aufkommen, wie der in die Jahre gekommene Westernhagen wohl vor 20 Jahren die Bühne bespielt haben mag. Ihm scheint der Erfolg aber nicht zu Kopf gestiegen. Er wirkt bodenständig und hat Lust an dem was er macht: Er genießt mit jeder Faser in jeder Minute mit den Fans die Lieder die er singt, nimmt sich dabei aber selbst zurück und auf der Leinwand sehen ihn die Fans nie klar, sondern er ist immer mit unaufdringlichen Effekten verfremdet zu sehen. Seine Lieder stehen im Mittelpunkt des Abends – nicht er. Mal ein „Danke“ oder ein „Ihr seid klasse“ fließen ein - nur wenige gesprochene Worte sind von Westernhagen zu vernehmen.

Marius Müller-Westernhagen Wien
Bei Balladen lässt Marius Müller-Westernhagen Romantik im Wiener Museumquartier aufkommen.
©SchlagerPlanet/Ansgar Gersmann

Doch auch die romantischen Momente zelebriert der Sänger. Selbst greift er mehrfach zur Gitarre oder zur Mundharmonika. Immer wieder wirft er bei Balladen seiner Freundin und Backgroundsängerin – US-Sängerin Lindiwe Suttle – verstohlene Blicke zu, oder geht zu ihr und küsst sie. Hier droht das Konzert mit großen Herzen und Rosen auf der Leinwand kurzzeitig in Kitsch abzugleiten, doch das Programm ist abwechslungsreich genug, sodass das Publikum in die nächste Emotion mitgerissen wird.

Weitere Termine

Noch in zwei weiteren Städten habt Ihr die Möglichkeit Marius Müller-Westernhagen zu erleben:

Ansgar Gersmann
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