Deutsche Musikszene trauert: Legende der Neuen Deutschen Welle gestorben

Deutsche Musikszene trauert: Legende der Neuen Deutschen Welle gestorben

Entdecker, Kritiker und Mutmacher

Die deutsche Musikszene hat eine prägende Figur verloren. Er war Journalist, Labelgründer und Wegbereiter der Neuen Deutschen Welle sowie der Hamburger Schule und ist am 18. August 2025 im Alter von 77 Jahren gestorben.

Vom Provinzjournalisten zur Szenegröße

Aufgewachsen nahe der niedersächsischen Zonengrenze begann Alfred Hilsberg früh mit dem Schreiben. Seine ersten journalistischen Erfahrungen sammelte er bei einer Regionalzeitung, bevor er nach Hamburg zog. Dort fand er sich plötzlich als Manager einer Filmemacherkooperative wieder, später als Dozent, Konzertveranstalter und Autor der Musikzeitschrift „Sounds“. Mit seinem Gespür für neue Strömungen und provokante Texte wurde er rasch zur prägenden Stimme der deutschen Popkritik.

Ende der 70er-Jahre gründete Hilsberg das Zickzack-Label, das Bands wie Einstürzende Neubauten, Palais Schaumburg oder Abwärts veröffentlichte. Was sie verband, war kein einheitlicher Sound, sondern ein gemeinsamer Experimentierwille.

Hilsberg bot den Musikern eine Plattform, bevor sie zu größeren Labels wechselten. Den Begriff „Neue Deutsche Welle“ prägte er früh – auch wenn er sich später kritisch von der schnellen Kommerzialisierung distanzierte.

Ein Entdecker mit scharfem Blick

Nach dem Ende von Zickzack gründete Hilsberg das Label What’s So Funny About, das zum Nährboden der Hamburger Schule wurde. Bands wie Blumfeld, Mutter oder Cpt. Kirk &. fanden hier ein Zuhause. Mit seiner Offenheit für „komische Typen“ und subversive Ideen trug er maßgeblich dazu bei, dass aus Hamburg eine der spannendsten Musikszenen der 90er-Jahre hervorging.

Bekannt war Hilsberg für seine schnellen Entscheidungen: Oft reichte eine Kassette oder ein Telefonat, um über eine Zusammenarbeit zu befinden. Neben Entdeckungen wie Jens Friebe oder Parole Trixi lehnte er auch Bands wie Trio oder Extrabreit ab. Für ihn zählte nicht allein die Musik, sondern das Gesamtbild einer Künstlerpersönlichkeit.

Obwohl er von Kollegen als Wegbereiter und „Keimzelle für Signale“ (Joachim Witt) gefeiert wurde, blieb Hilsberg selbstkritisch. Er sah seine Labels nicht als wirklich unabhängig an, sondern als Zulieferer für die Industrie. Dennoch prägte er entscheidend die deutsche Popgeschichte. Mit seinem Werk „Das Zickzack-Prinzip“ hinterließ er eine Sammlung von Erinnerungen und Anekdoten, die seine Haltung widerspiegeln: kritisch, widerständig und immer nah an der Subkultur. Mit dem Tod von Alfred Hilsberg verliert Hamburg – und die deutsche Musikszene insgesamt – eine prägende Figur, die zwei Generationen von Künstlern inspiriert hat.

ajaskaadmin
Lade weitere Inhalte ...