Schlager in den Medien – Aufschwung oder Absturz?

Schlager-Diskussion um Radio und TV: Früher und Heute

Mediendebatte

„Die große Show der Träume“ entwickelte sich für die ARD zum Albtraum: Zweimal floppte die Show mit Beatrice Egli im Quotenkampf. Eine dritte Ausgabe soll es nicht mehr geben. Ein Indiz für die angebliche Schlagerignoranz der Medien?

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Haben der Schlager und die Volksmusik es wirklich so schwer?

Vorwürfe prasseln herein auf die Medien: Schlagerzensur – Ignoranz vor dem eigenen Publikum! Es sind harte Worte, die Branchenvertreter, Künstler und betroffene Fans abfeuern. Scheuklappen auf den Augen der Sendeverantwortlichen. Der Branche sind die Hände gebunden. „Musikantenstadl“ abgesetzt, „Fernsehgarten“ umstrukturiert, die Hitparade eingestampft. Traurige Vorgänge, doch steht es wirklich so schlimm um Schlager und Volksmusik in den Medien?

TV: „Hitparade“ und „Stadl“ sind Geschichte

Die „ZDF-Hitparade“ wird bis heute als Inbegriff des Schlagerfernsehens hochgehalten. Im Jahr 1969 wurde die Sendung erstmals ausgestrahlt: Bis ins Jahr 1987 durften lediglich deutschsprachige Produktionen teilnehmen. Danach auch Künstler mit Bezug zu Deutschland. Diese Regelung wurde Schlagerfans zu Liebe wieder aufgehoben. Dennoch kam 2000 das Ende. Der Grund? Quotenschwund.

Auch den „Musikantenstadl“ aus den 80er Jahren ereilte dieses Schicksal. Karl Moiks Showkonzept bot eine Bühne für volkstümlichen Schlager und Volksmusik. Im Rahmen seiner Geschichte nahm der „Stadl“ zwei Verjüngungen auf sich. Erst mit Andy Borg – und die zweite Umstrukturierung mit Francine Jordi und Alexander Mazza sollte das Format nicht überstehen. Neben diesen TV-Kolossen gab es noch viele andere Formate, darunter „Sing mit Heino“, „Die Tony Marshall Show“, „Die Peter Alexander Show“ oder Konzepte, die weiterhin Bestand haben.

TV: Schlagerunterhaltung floriert

30 Jahre Geschichte hat der „ZDF-Fernsehgarten“. Bis heute bietet er überdurchschnittlich viel deutschsprachige Musik. Etwas schlagerfokussierter zeigt sich „Immer wieder sonntags“ – seit 1995 sendet die ARD die Show rund um volkstümliche Musik. Zum Ärger einiger Musikfans wurden die Shows lange zeitgleich gesendet. Damit ist mittlerweile Schluss.

Auch „Die Feste der Volksmusik“ produziert der MDR bereits seit 1994 – vormals mit Carmen Nebel am Mikrofon. Heute fährt die Show mit dem jüngeren Florian Silbereisen Quotenrekorde ein. Doch auch Carmen Nebel präsentiert mehrmals im Jahr ihre Show mit Schlagereinschlag. Spekulationen, dass ihre Sendungen gestrichen werden sollten, ließen sich nicht bestätigen.

Vor allem auf den dritten Programmen gibt es viele weitere Schlagerkräftige Shows – mit Bernhard Brink, Ross Antony, Maxi Arland oder Stefanie Hertel. Zu erwähnen ist auch, dass der Schlager sich auf privaten Sendern wachsender Präsenz erfreut – siehe „DSDS“. Beatrice Eglis „Große Show der Träume“ hingegen wurde nach zwei Quoten-Albträumen abgesetzt.

Radio: UKW-Radio streicht einschlägige Shows

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Radiolandschaft grundlegend geändert. Hintergrund sind die vielen neuen Empfangsmöglichkeiten: Das Internet und das Digitalradio haben den Markt reformiert. Durch die Vielschichtigkeit der Radiolandschaft lässt sich ein Vergleich von Früher und Heute am besten durch ein Beispiel darstellen.

Bis 1996 sendete der Bayrische Rundfunk auf seinem ersten Programm („Bayern 1“) vor allem deutschsprachige Musik für eine reifere Hörergruppe, mit Fokus auf Schlager und Volksmusik. Schnell setzte der Sender auf Oldies aus dem Pop und Softrock-Milieu. Doch die Volksmusik blieb weiterhin im Programm. In einzelnen Shows griff Bayern 1 die Musikrichtung weiterhin auf. Bis 2016! Nun gilt sie als gestrichen. Stattdessen winkt der BR mit Digitalradio für Freunde volkstümlicher Musik.

Radio: Internet bietet unendliches Angebot

Dieses Schicksal drohte nicht jedem Radiosender: So bietet der Südwest-Rundfunk mit SWR4 weiterhin ein Programm, das dem Schlager eine Bühne gibt. Es ist terrestrisch, soll heißen über UKW-Radio zu empfangen, jedoch lediglich lokal. Weitere UKW-Radios mit Schlagerfokus stehen den Hörern lokal begrenzt zur Verfügung. Doch vereinzelte Schlagertitel im Standardprogramm suchen Fans in der Regel vergebens – Nein zur vieldiskutierten Fischer-Quote.

Einen unendlichen Pool an Schlager-Radios finden Fans jedoch im Internet und im Digitalradio. Angebot und Nachfrage wachsen laufend. Der Empfang ist dann über Digital-, Wlan-Radios, Apps oder diverse Internetseiten möglich. Das Hören über klassische Radioempfänger, wie sie bis heute nicht nur in Autos verbreitet sind, ist damit allerdings nicht möglich.

Vor allem Radio erscheint problematisch

Es scheint, dass das Medienproblem des Schlagers vor allem im Radio beheimatet ist. Hintergrund könnte sein, dass es sich beim Radio, im Gegensatz zum Fernsehen, eher um ein Begleitmedium handelt. Selten schalten Hörer ein bestimmtes Programm ein, um eine bestimmte Sendung anzuhören. Somit geht es um den kleinsten gemeinsamen Nenner und etwas Hintergrund-Gedudel. Angeblich sollen Schlager mit diesem nicht harmonieren und das Programm sprengen.

Somit erscheint es als einzige Lösung, eigene kleine Schlager-Radios zu etablieren. Das passiert heute mit DAB+ und Internetradio. Eine häufige Frage dabei ist jedoch, ob die Hörer diesen neuen Weg mitgehen, sich neue Radiogeräte anschaffen und somit einen Pool an tausenden Radioangeboten nutzen wollen. Während im alten VW Golf weiterhin das UKW-Diktat gilt.

Melanie Gladbach
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