Udo Jürgens live in München - eine Legende in der Olympiahalle

Udo Jürgens begeistert Münchener Publikum

Der ganz normale Wahnsinn

Seit rund 50 Jahren ist er im Geschäft. Und trotzdem weiß Udo Jürgens, seine Konzerte ganz persönlich erscheinen zu lassen. In der Münchener Olympiahalle am gestrigen Abend bewies er einmal mehr seine Vielseitigkeit!

Udo Jürgens Konzert München
Udo Jürgens live in Aktion!

Die Olympiahalle ist dunkel, der Vorhang in ein blaues Scheinwerferlicht getaucht. „Noch drei Minuten, dann geht der Vorhang auf“, verspricht Udo Jürgens, und singt von Vorfreude und Lampenfieber. Als sich der Vorhang schließlich hebt, wird er von tosendem Beifall begrüßt. Er freut sich, wieder in München zu sein, erzählt er. Immerhin hat er zu Beginn seiner Karriere längere Zeit in Schwabing gelebt, „damals, als Schwabing noch nicht nur ein Stadtteil, sondern ein Lebensgefühl war“.

Udo Jürgens ist Musiker mit Leib und Seele. Seine Songs erzählen stets eine persönliche Geschichte. In ihnen lässt er seinen Zuhörern an seinen eigenen Erfahrungen teilhaben und zeigt uns, was wirklich wichtig ist. So leitet er seinen Song „Dafür brauch ich dich“ mit den Worten ein: „Wir brauchen andere Menschen. […] Wir können nicht ohne einander. Alles, was wir tun, tun wir auch für andere“.

Udo Jürgens ist ein Mann, der viel erlebt hat und dem man gerne zuhört. Doch er behandelt nicht nur klassische Schlagerthemen wie Liebe und Freundschaft, sondern weist auch auf gesellschaftliche Missstände hin. Klimawandel, Wirtschaftskrise, Terrorismus, Ausländerfeindlichkeit – das sind nur einige Themen, die sein Titelsong „Der ganz normale Wahnsinn“ aufgreift. Etwas parodistisch dagegen ist sein Song „Alles ist so easy“, wo er den Trend zum Anglizismus aufs Korn nimmt: „Wir verlieren nicht – wir losen / Wir nutzen nicht – wir usen“.

Doch Udo Jürgens steht an diesem Abend nicht allein auf der Bühne. Begleitet wird er vom Pepe Lienhard Orchester, 23 Topmusikern, die seine Songs mal mit feinen symphonischen Klängen, mal mit sattem Bigband Sound beleben. Gesangliche Verstärkung bekommt er von dem vierköpfigen A Capella-Ensemble „The Voices“, das mit seinen Jazz-Einlagen den nötigen Pfeffer beisteuert. Udo Jürgens gibt seinen Musikern den Raum, den diese verdient haben. Statt reiner Begleitung enthält fast jedes Stück solistische Teile, in denen die Musiker ihr Können unter Beweis stellen. Vor allem die junge Geigerin Asya Sorshneva aus Moskau verzaubert das Publikum mit ihrem emotionalen Spiel bei „Glut und Eis“.

In „Der Mann mit dem Fagott“ kann das Orchester seine ganze Vielseitigkeit beweisen – zu Bildern aus dem Film spielt es Ausschnitte aus dem Soundtrack so präzise, dass der Eindruck entsteht, sie stammten vom Band.

Ist der erste Teil des Konzerts noch eher ruhig und musikalisch anspruchsvoll angelegt, wird es im zweiten Teil deutlich fetziger. Hier kommen die Händeklatscher noch einmal richtig auf ihre Kosten. Sind die Versuche, das Publikum durch Einzählen zum Mitsingen zu animieren zuvor noch gescheitert, gibt es bei „Ich war noch niemals in New York“ kein Halten mehr. Der Raum vor der Bühne füllt sich in Windeseile mit Menschen, die nach vorne strömen. Sitzenbleiben kann kaum einer mehr. Man fühlt sich ein bisschen wie im Popkonzert: Die Fans strecken ihre Hände nach Udo Jürgens aus, der diese fleißig schüttelt und Blumen entgegen nimmt.

In mehreren Medleys werden jetzt die großen Hits ausgepackt. Bei „Am Ufer“ gibt es eine letzte Verschnaufpause, die wie ein Einläuten des Endspurts wirkt – bestehend aus „Ich weiß was ich will / Gaby wartet im Park / Mit 66 Jahren“. Traditionell beendet Udo Jürgens sein Konzert mit dem Bademantel-Finale. Man bekommt ein bisschen den Eindruck, dass er jetzt noch einmal sein Pflichtprogramm im Schnelldurchlauf absolviert. Schließlich wollen die Fans ja alle Hits noch einmal hören – und das sind bei einer 50-jährigen Karriere ganz schön viele. Auch wenn diese beim Publikum am besten ankommen, sind es jedoch die ruhigen, aktuellen Songs aus dem ersten Konzertteil, in denen das Können von Udo Jürgens und seinen Musikern richtig zum Tragen kommt.

Die 2 ½ Stunden vergehen viel zu schnell. Doch Konzertbesucher – und auch die, die es nicht dorthin geschafft haben – können sich freuen: Am 30. November veröffentlicht Udo Jürgens sein Live-Album zur Tour, das an diesem und am vorherigen Abend in Ulm aufgezeichnet wurde.

Udo Jürgens Konzert München
Udo Jürgens am Piano.
©Sony Music
Frauke Steinhoff
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