Nana Mouskouri ist alt geworden. Sie ist nicht mehr die junge Griechin, die sie 1961 war, als sie mit „Weiße Rosen aus Athen“ auf dem ersten Platz in Deutschland war. Sie ist nicht die junge Griechin, die sie 1971 war, als sie uns mit „Guten Morgen Sonnenschein“ weckte. Die 1934 geborene Nana Mouskouri wird in der kommenden Woche 80 Jahre alt und eigentlich hatte sie schon seit langem ihre Abschiedstournee gegeben. Das Konzert in Wien auf ihrer „Happy Birthday Tour“ war vermutlich eine der letzten großen Möglichkeiten Nana Mouskouri, in Österreich live zu erleben.
Märchenhaft
Nicht jeder Platz im Wiener Konzerthaus war verkauft worden und viele der Fans haben die Karriere von Nana Mouskouri sicherlich schon länger verfolgt. Fünf Musiker kommen um kurz nach halb acht auf die Bühne. Nach ein paar Akkorden steht sie auf einmal da: Nana Mouskouri – Die Frau, die nach Madonna mit mehr als 250 Millionen verkauften Tonträgern die erfolgreichste Musikerin der Welt ist.
Weniger ist mehr
Ein üppiges Bühnenbild, Pyrotechnik, eine riesige Band und große Bildschirme – all das braucht die Sängerin nicht. In einem glitzernden Zweiteiler, so weiß wie Schnee, mit Haaren, so schwarz wie Ebenholz und Lippen so rot wie Blut, steht sie auf der Bühne. Sie hat noch nicht einen Ton gesungen, da steht der ganze Saal aus Respekt und vor Faszination. Nach all den Jahren strahlt sie mehr Würde aus, denn je.
Wohnzimmer-Atmosphäre
Fast scheint es Nana Mouskouri peinlich zu sein. Ungläubig blickt sie in den Saal, fast erstaunt, dass diese vielen Menschen wegen ihr gekommen sein sollen. Schüchtern geht sie zum Mikrofon und beginnt zu singen. Auch wenn nicht mehr jeder Ton sitzt, hat sie doch auch ihre starken Lieder in denen sie opernhaft schmettert oder ihre charakteristische melancholische Stimme klar erklingt. Selbst als in der Mitte des Konzerts die Stimme kurz versagt und ein Husten sie zum Abbruch des Liedes zwingt, hält ihr das Publikum mit phrenetischem Applaus die Stange. Nana Mouskouri ist aber Profi genug und beginnt das Lied nach einem Schluck Wasser von vorne. Bei ihrem Konzert schafft die Sängerin eine Wohnzimmer-Atmosphäre. Die kleine Combo der fünf Musiker gehorcht ihr aufs Wort und bereits nach dem ersten Lied vergisst man die anderen Menschen um sich herum. Nana Mouskouri hat keine durchgeplante Bühnenshow und sie tanzt auch nicht, aber aus ihren Augen, die durch die großen markanten Brillengläser blicken, schaut viel Wärme und Erfahrung einer Frau, die viel gesehen und erlebt hat. Sie singt Lieder von Harry Belafonte oder Udo Jürgens und wenn sie von Quincy Jones spricht, hört es sich so an, als erzähle sie von einem gemeinsamen Freund.
Pure Lebensfreude
Nana Mouskouri kommt aus einer anderen Zeit, aber sie ist sich selbst treu geblieben. Was an Nana Mouskouri neben der Stimme begeistert, ist ihre Lebensfreude und die Liebe zur Musik. Noch immer ist sie am Puls der Zeit und singt „Love is a losing game“ von Amy Winehouse mit einer fast ebenso rauchigen Stimme, wie die 27-jährig verstorbene Pop-Diva: „Diese großartige Sängerin hatte viel zu wenig Zeit zum Singen gehabt“, sagt die fast 80-Jährige. Sie erzählt aus ihrer Kindheit und von ihrem Vater. Die österreichische Hauptstadt liegt Nana Mouskouri am Herzen: „Ich bin froh hier zu sein, wo die Musik geboren wurde“, sagt sie und macht noch einen kleinen Witz: „Ich hoffe sie verzeihen mir meinen kleinen Akzent.“ Dabei bekommen die Zuschauer sowohl Jazz, Pop, als auch Gospel-Lieder geboten. Am Ende folgt ein Medley ihrer berühmtesten Schlager-Lieder als Zugabe.
Heiß geliebt
Selbst nach der Zugabe wollen die Menschen Nana nicht von der Bühne lassen. Rhythmisch klatschen sie selbst noch, als Nana Mouskouri von der Bühne gegangen ist und der Saal längst wieder hell erleuchtet ist. Doch Nana Mouskouri kommt noch einmal zurück. A cappella und unplugged besingt sie den Saal ohne Mikrofon. Immer mehr Menschen strömen nach vorne und legen, wie schon während des ganzen Konzertes, Blumen nieder. Der Sängerin, wie in Hitparaden-Zeiten, die Blumen in die Hand zu drücken, scheint verpönt. Nana Mouskouri strahlt die Aura eines buddhistischen Mönches aus. Mit einer verbeugenden Geste werden die Blumen vor ihr niedergelegt – ohne die Künstlerin zu berühren. Zum Dank verbeugt auch sie sich. Nach fast zwei Stunden und Liedern in unendlichen vielen Sprachen verlässt Nana Mouskouri endgültig die Bühne des Wiener Konzerthauses.