„Irgendwann musst Du Deine Frisur dem Gesicht anpassen“

25 Jahre auf Bewährung: Die Prinzen im Interview

Die Prinzen-Interview

Sie haben Musikgeschichte geschrieben, stehen seit 25 Jahren zusammen auf der Bühne und müssen sich seitdem bewähren. Was die Zeit mit ihnen anstellte, berichten die Prinzen im SchlagerPlanet-Interview.

Prinzen Interview München
Jens Sembdner und Tobias Künzel hätten zum Interview gerne eine Flasche Champagner geköpft.

Noch 1,5 Stunden bis zum Start der großen „25 Jahre auf Bewährung“-Tour. Im Backstagebereich der Philharmonie am Gasteig in München herrscht Entspanntheit. Freudestrahlend, sympathisch und gut gelaunt begrüßen uns Jens Sembdner und Tobias Künzel, zwei der Prinzen, zum Interview.

Die anderen Jungs seien in anderen Interviews, aber sie beide würden die wichtigen Termine machen, also uns, verkünden sie freudig und ordern im Scherz eine Flasche Champagner.

Jeden Tag die besten Zeiten genießen

Ja, die Prinzen sind entspannt, ruhen in sich, haben über die Jahre begriffen, worum es im Leben geht. Unsere Besten Zeiten fangen heute an, jeden Tag aufs Neue, sagt Tobias. „Ich glaube, es war einfach an der Zeit, ein Lied zu schreiben, das ein bisschen Optimismus verbreitet. Die Leute haben alle gesagt: ‚Scheiße, das geht ja gar nicht mehr‘.“

Eigentlich ginge es ihnen doch sehr gut, meint er weiter: Es war an der Zeit, nach vorne zu schauen und sich auf die Zukunft zu freuen und da haben ja die meisten Leute Grund dazu.“ Und so wurde der Titel „Unsere besten Zeiten“ zum ersten Song auf dem aktuellen Album.

Eine bunte Mischung

Die Prinzenfans haben auf jeden Fall Grund dazu. Teilweise sind es sogar noch dieselben, die auch vor 25 Jahren schon ihrer Lieblingsband zugejubelt haben. „Da sind natürlich auch ein paar auf der Strecke geblieben, für die das nur eine Kindheitserinnerung ist, die sich nicht mehr dafür interessieren, aber viele sind auch mitgekommen.“

Und es sind auch neue hinzugekommen, wie Tobias verrät: „Es gibt viele Kids, die ins Konzert kommen oder mitgenommen werden, die die ersten Lieder noch gar nicht kennen können, weil sie viel zu jung sind und trotzdem kräftig mitsingen. Das Prinzenpublikum ist eine bunte Mischung und deshalb heißt es auch ‚Familienalbum‘. Es ist eher eine Familie, die so ein Humorzentrum hat, die über die gleichen Sachen weinen und lachen können. Das ist so eine Einstellung, eine Lebensphilosophie.“

Harte Arbeit und der Knast

Der Titel der Tour „25 Jahre auf Bewährung“ lässt eine gehörige Portion Arbeit hinter dem Projekt „Prinzen“ vermuten. Jens stimmt dem zu: „Wir sind 25 Jahre auf Bewährung draußen und wir müssen uns bewähren, wie das jeder machen muss. Wir sind noch da, im Gegensatz zu anderen, die vor 25 Jahren gestartet sind. Das ist das große Bewähren, das wir haben.“

Der Tourtitel sei jedoch auch passend zum mafiösen Look des Albumcovers gewählt worden berichtet Jens weiter: „Mafiamenschen sind ja oft im Knast. Und da haben wir gesagt, lass uns doch irgendwie mal in die Richtung denken und da haben wir das so zurecht gefuddelt. Ich glaube das passt ganz gut.“

„Die einzige Gerechtigkeit“

Eben dieser Look unterscheidet das Auftreten der Prinzen von damals zu heute. „Es ist klar, dass sich irgendetwas tut. Du hast Grundprinzipien und auch ein paar Fehler, die Du mit Dir rumschleppst, aber natürlich änderst Du Dich: Dir werden andere Sachen wichtig, die wichtig waren, sind nicht mehr ganz so wichtig. Das ist eine ganz normale Entwicklung.“, meint Tobias.

Und äußerlich? „Bitte? Ich sehe da keine Veränderung. Wir hatten damals keine Hüte auf!“, witzelt Tobias. Nein, das ist die einzige Gerechtigkeit, die es wirklich auf der Welt gibt, dass jeder älter wird. Da bleibt keiner verschont. Da muss man sich erst dran gewöhnen und irgendwann bereift man das auch und stellt, wie ich zum Beispiel fest, dass man irgendwann mal seine Frisur dem Gesicht anpassen sollte.“

Die Prinzen haben erkannt, dass es das normalste der Welt ist, älter zu werden, haben sich damit arrangiert und können heute über sich lachen. Sie sind dankbar für das, was Ihnen geschenkt wurde, darüber, „dass sie nicht jeden Tag wie ein Maikäfer auf dem Rücken kämpfen müssen.

Prinzen Interview München
Jens Sembdner, Redakteurin Gerda Naumann und Tobias Künzel: die Chemie stimmte.
©SchlagerPlanet/Gerda Naumann

Hits schreiben – die Anleitung

Das Geheimrezept haben sie aber dennoch noch nicht gefunden. Wenn jemand sagt, er weiß wie Hits geschrieben werden, dann ist das falsch. Aber es ist natürlich eine Wunschvorstellung, die jeder hat: Wir schreiben jetzt nur noch Hits!“, beschreibt Jens und fügt lachend hinzu: „Du fischst ja ständig im Trüben, versuchst Themen zu finden, versuchst Stimmung aufzufangen oder Gefühle rüber zu bringen. Wenn man das so genau wüsste, würden wir jetzt im Privatjet sitzen und Champagner schlürfen und würden in der Karibik das Interview führen.“

Eine Geheimwaffe haben die Prinzen aber immer noch. „Wir haben natürlich das große Glück, mit Anette Humpe nach wie vor eng verbunden zu sein. Die Anette hat eine ganz tolle Sicht auf die Welt. Sie ist so ein Sieb, ein Raster. Wir geben ihr alle Songs zum Hören und sie bewegt den Daumen – nach oben oder nach unten. Wenn sie sagt: ‚Das würde ich gar nicht machen, das finde ich ganz furchtbar‘, dann gibt uns das auch zu denken und dann landet so ein Lied auch erst gar nicht auf dem Album.“

Mit deutscher Sprache an die Spitze

Von der Ansicht, zurzeit nur mit deutschsprachiger Musik erfolgreich sein zu können, halten die Jungs nicht viel. „Weißt Du wie oft wir das schon gehört haben… ‚Seid Ihr die neue, neue deutsche Welle?‘ Das hörst Du alle vier oder fünf Jahre und das ist mal so und mal so. Das kommt auch immer auf die Musik an. Wenn es ein riesen Hit ist, dann würde der auch auf Englisch, Tschechisch oder Rumänisch funktionieren“, meint Tobias.

Für die Prinzen gab und gibt es jedoch nur die deutsche Sprache für ihre Musik. Wir könnten auch auf Englisch singen aber die Sprache fühlen wir halt nicht so.“ Dies sei auch ein Grund dafür, weshalb Sprache als Thema immer wieder eine große Rolle in den Liedern der Prinzen ist:

„Auch das Thema Geld taucht immer wieder auf und das Thema Liebe… Da kannst Du mit Howard Carpendale ein langes Interview führen, da geht es nur um Liebe. Das sind eben Themen, die uns bewegen und die Sprache ist ja auch ein emotionales Werkzeug. Du kannst ja mit Worten auch ganz viel anrichten – Gutes und Schlechtes.“

„Schlageraffe und Rockheinz“

Schon immer waren die Prinzen musikalisch experimentierfreudig, auch bei Soloprojekten. Sie da einem bestimmten Genre zuordnen zu wollen bleibt schwierig. Sie selbst sehen das gelassen.

Wir würden niemandem verbieten, unsere Musik gut zu finden. Das wäre blöd und auch arrogant“, sagt Tobias. „Es gibt ja so Leute, die sagen: ‚Ne will ich nicht und ne brauch ich nicht.‘ Wir spielen auch deshalb gern unsere bekannten Lieder, weil wir das als Geschenk betrachten, wenn die Leute sich freuen, dass sie ein Lied wiedererkennen. So ein Lied ist ja so ein Soundtrack zum Leben, zur Erinnerung. Und wenn Du dann siehst wie der Film angeht in den Köpfen, das ist ein schönes Gefühl, zu sehen, was Du da angerichtet hast.“

Eine gewisse Offenheit wäre wünschenswert, plädiert Jens, dafür habe er Amerika immer bewundert: „Egal aus welcher Richtung da jemand kommt, die klettern einfach auf eine Bühne und haben Spaß zusammen und sagen nicht: ‚Du bist der Schlageraffe und Du bist der Rockheinz.‘ Das wäre gut, wenn das hier auch so wäre. Es ist ja auch zum Teil schon so. Ich meine, wenn man sieht Karel Gott mit Sido... sowas passiert ja auch schon.“

„Da knallen schon mal die Türen“

Das Publikum und die Wahrnehmung, dass die harte Arbeit sich auszahlt und auf der Bühne alles passt, gibt den Prinzen ihre Energie und Kraft. Damit alles funktioniert, müssen sie gut zusammenarbeiten. Über die Jahre sind sie zu einer Familie zusammengewachsen„mit allen positiven und negativen Eigenschaften einer Familie. In einer Familie gibt es schöne Situationen und auch die, wo man sich die Augen auskratzen könnte und genauso ist das bei uns auch“, erklärt Jens.

„Da hat jeder seinen eigenen Kopf und jeder hat seine Vorstellungen und da muss man halt gucken, dass man das so ein bisschen zusammenhält und auch ab und zu mit dem einen oder anderen diplomatisch reden…“ Und Tobias fügt hinzu: „Aber schon verbal. Naja, es wird schon auch einmal eine Tür zugeknallt.“

Rundum zufrieden und dankbar

Dankbar sind sie für das, was ihnen geschenkt wurde und, was sie in 25 Jahren erleben durften, da ist kein Platz für Zweifel. „Das Leben ist ja etwas, wo man verschiedene Baustellen hat und wenn das immer grade gehen würde, wäre es extrem langweilig,“ sagt Jens, Ich weiß nicht ob ich irgendwas anders machen würde. Das Leben ist eben so: Wenn Du an der eine Stelle was gerade rückst, dann bricht es an anderer Stelle wieder weg. Danke, es war gut so wie es war!“

Somit bleibt ihnen auch nichts weiter, als sich Gesundheit für die Zukunft zu wünschen, denn „das ist das Allerwichtigste“ und wir haben in den letzten 25 Jahren erlebt, dass unsere besten Zeiten jeden Tag aufs Neue anfangen. Also bleibt nur zu wünschen, dass dieses Lied niemals seine Bedeutung verlieren wird.“

Gerda Naumann
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