Rainhard Fendrich: „Abendrot“ erzählt davon, wie einsam alte Menschen heutzutage oft leben müssen

Starkregen - Interview

Er ist ein Singer & Songwriter der alten Schule. Der Österreicher Rainhard Fendrich reflektiert in seinen Liedern unsere Gesellschaft. Ehrlich, glaubwürdig, beständig. Zeit für uns von SchlagerPlanet also, mit dem Sänger über den Zeitgeist und seine Pläne zu sprechen. Das Interview!

Rainhard Fendrich konzentriert sich seit Jahren auf die Musik, die ihm schon immer am meisten am Herzen lag.

Manche Schlagersongs sind ideal für’s Einkaufen, Abwaschen oder Autoputzen, andere gehen mehr in die Tiefe und holen uns emotional ab und wir müssen genau auf die Texte achten. Einer dieser Singer & Songwriter der alten Schule, der uns in seinen Liedern abholt, ist Rainhard Fendrich („Starkregen“).

Der Österreicher muss sich nichts mehr beweisen. Er ist Moderator, Schauspieler und erfolgreicher Musiker. Deshalb lohnt es sich ihm genau zuzuhören und dieses Interview mit SchlagerPlanet zu lesen…

SchlagerPlanet: Wie würden Sie ihr neues Album „Starkregen“ in einem Satz beschreiben?

Rainhard Fendrich: „Starkregen“ dreht sich um die unterschiedlichen Facetten des „Klimawandels“ innerhalb unserer Gesellschaft und in Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung ist dieses 18. Album vermutlich meine letzte physische CD.

SchlagerPlanet: „Burn Out“ ist ein Song über ein großes Problem der heutigen Gesellschaft. Was hat Sie zu diesem Song inspiriert?

Rainhard Fendrich: Ich lese viel und Burn Out ist in unserer heutigen schnelllebigen Zeit ja eine Krankheit, die in aller Munde ist – wenn nicht die Volkskrankheit überhaupt. Vermutlich kennt jeder in seinem Freundes-oder Bekanntenkreis mittlerweile mindestens einen Menschen, der an „Burn Out“ erkrankt ist oder war. Und hinzu kommen diejenigen, um die man besorgt ist, weil sie sich ganz offensichtlich keine Auszeiten vom Alltag gönnen. Mir war es wichtig, dieses Thema nicht mit erhobenem Zeigefinger zu betrachten .Was ich sagen will ist lediglich: „Steig auf die Bremse, bevor es jemand anderer für Dich tut:“

Ich schreibe über das, was ich beobachte

SchlagerPlanet: Es findet sich kein Lied „Starkregen“ auf dem Album. Wie kam der Albumtitel zustande?

Rainhard Fendrich: Ich hatte das Album fertig und hatte aber ehrlich gesagt noch keine Idee für den Titel. Es hat sich irgendwie nicht richtig angefühlt, einen einzelnen Titel über alle anderen zu stellen. Dann habe ich einen Flug bei einer ausländischen Fluggesellschaft gebucht und das übermotivierte Übersetzungsprogramm hat meinen Vornamen „Rainhard“ auf dem Ticket in „Starkregen“ übersetzt. Zuerst war ich entsetzt, weil mir klar war, dass ich mit diesem „Starkregen Fendrich“- Ticket nicht fliegen kann, aber dann habe ich mir gedacht, dass „Starkregen“ eigentlich ein guter Albumtitel ist. Mein Name einerseits und andererseits ein typisches meteorologisches Phänomen unserer Zeit als Sinnbild für die Themen, die ich auf dem Album verarbeite.

 

Fendrich bleibt Fendrich. Auch auf seinem neuen Album refleketiert er in seinen Songs den Zeitgeist.

SchlagerPlanet: Sie sind auf ihrem Album sehr politisch. Was treibt Sie an, nicht mehr so oft über „Machos“ und „Schickeria“ zu singen, sondern jetzt über „Social Media Zombies“ und die „Heiße Luft“ der Politiker?

Rainhard Fendrich: Ich kann nur über das schreiben, was ich beobachte und erlebe  – und das sind heute schlichtweg andere Phänomene als früher. Dabei hatten vordergründig lustige Songs wie „Macho Macho“ oder „Es lebe der Sport“ ja durchaus auch einen kritischen Unterton. Mir ist heute das Gesamtbild wichtig -  die Symptome im zwischenmenschlichen Bereich, auf die ich aufmerksam machen kann, wenn ich schon nicht imstande bin, die „Krankheiten“, die oft dahinter stecken, zu heilen. Ich habe allerdings schon vor 20 Jahren das Lied „Brüder“ geschrieben. Ein Lied gegen Fremdenhass.

SchlagerPlanet: Ist „Abendrot“ auch ein Abschiedslied für ihre Eltern, die vor zwei Jahren verstarben?

Rainhard Fendrich: Der Titel hängt sicher auch ganz eng mit den Erfahrungen zusammen, die ich mit meinen Eltern vor ihrem Tod gemacht habe. Aber es geht hier weniger um meine Eltern als darum, sich bewusst zu machen, wie einsam alte Menschen heutzutage oft leben müssen und wie wenig es manchmal ist, das den Tag noch erträglich gestaltet. Als ich den Titel zum ersten Mal im kleinen Kreis vorgespielt habe, hatten einige im Anschluss das dringende Bedürfnis erst einmal ihre Eltern anzurufen.

SchlagerPlanet: Warum kommen aus Österreich so viele gute Liedermacher – damals Ambros, Fendrich und Danzer, heute Bilderbuch oder Wanda?

Rainhard Fendrich: Woran das genau liegt, kann ich schwer an irgendwelchen Eigenheiten festmachen. Ich kann nur sagen, dass ich mit Freude beobachte, wie vielfältig sich die österreichische Musikszene gerade momentan präsentiert und wie erfolgreich sie sich entwickelt.

Ein Album gegen Kinderarmut

SchlagerPlanet: Wie stehen Sie zu Andreas Gabalier?

Rainhard Fendrich: Mir fehlt sowohl zu dieser Art der Unterhaltung als auch zur Kunstfigur „Volks Rock´n Roller“ jeglicher Zugang und kann daher etwaige Kontroversen um seine Person weder kommentieren noch beurteilen.

SchlagerPlanet: Sie sind jetzt 64 Jahre alt – was möchten Sie in den kommenden Jahren noch erreichen, persönlich wie musikalisch?

Rainhard Fendrich: Ich bin in der glücklichen Situation, dass ich mir in meinem Alter nichts mehr selbst beweisen muss. Ich war Moderator, Schauspieler und Musiker. Jetzt konzentriere ich mich seit Jahren schon auf die Musik, die mir schon immer am meisten am Herzen lag. Und da sie zu mir und meinem Leben einfach dazu gehört, werde ich auch weiter Musik machen. Ein ganz persönliches Ziel, das mir sehr am Herzen lag, haben wir bereits letztes Jahr mit dem Album „Für immer a Wiener- live und akustisch“ erreicht. Der Reinerlös kommt nach wie vor der Volkshilfe Österreich und einem Projekt aus Berlin zu Gute, die sich für Kinder einsetzen, die in Armut und teilweise sogar auf der Straße leben.

SchlagerPlanet: Wie sieht so ein typischer Tag im Leben von Rainhard Fendrich aus?

Rainhard Fendrich: Wenn ich zuhause bin, stehe ich früh auf, brauche sofort einen Kaffee und dann drehe ich erst mal eine Runde mit meinen beiden Hunden. Nach dem Frühstück kann es passieren, dass ich mich in meinem Studio verschanze und den ganzen Tag für keinen Menschen zu sehen und zu hören bin, bis ich dann gegen Abend doch noch einmal Hunger bekomme und mich vielleicht irgendwo zum Essen verabrede. Ich koche allerdings auch gerne selbst. Momentan stehe ich noch früher auf, um Termine bei Radio- und TV-Sendern wahrzunehmen. Der Kaffeekonsum ist weitaus höher, die Augenringe entsprechend tiefer und ich treffe in einer Woche mehr Menschen als im letzten halben Jahr. Aber so soll und muss es ja sein.

SchlagerPlanet: Was sind ihre weiteren Pläne?

Rainhard Fendrich: Ab Mai 2020 geht es mit „Starkregen Live“ auf Tour. Nach der Albumveröffentlichung ist also vor den Tourvorbereitungen. Darauf freue ich mich schon sehr und ich bin gespannt, wie die neuen Songs live ankommen werden. Natürlich spiele ich auch die bekannten Titel, die sich meine Fans wünschen. Das fertige Album endlich in den Händen zu halten ist das eine – so richtig schließt sich der Kreis aber erst, wenn Du als Musiker auf der Bühne jeden einzelnen Titel im Dialog mit den Fans präsentieren kannst.

SchlagerPlanet sagt Danke für das Interview.