Johannes Oerding schlägt Tatort um Längen

Johannes Oerding: Mit „Alles brennt“ in der Muffathalle in München

Konzert-Highlight

Seit März ist Popmusiker Johannes Oerding mit „Alles brennt“ auf großer Deutschland-Tournee. Gestern machte er Halt in der Muffathalle in München und präsentierte sich gleich in mehreren Rollen.

Johannes Oerding Konzert München
Johannes Oerding liebt die Bühne.

„München, wie schön, dass ihr den Weg hierher gefunden habt. Ihr hättet an diesem Sonntagabend auch auf dem Sofa sitzen bleiben und Tatort schauen können“, begrüßt Johannes Oerding sein Publikum gestern Abend in der Muffathalle in München. 1.200 Menschen passen in die Location, die an diesem Abend fast ausverkauft ist. Ein Publikum, das sich an diesem Sonntag gegen den Tatort entschieden hat und das am Ende des Konzerts auch nicht bereuen wird.

Denn der Popmusiker Johannes Oerding macht die kleine Bühne der Halle zu seinem eigenen Tatort an diesem Abend. Sein Publikum scheint er genau zu kennen, hat es von Beginn an fest im Blick. Den Ablauf des Abends hat er im Kopf und wirkt dennoch sympathisch spontan. Trotz 60 Konzerten im Rahmen der „Alles brennt“-Tour alleine 2015, wirkt Johannes Oerding routiniert aber nicht steif.

Vollgas ohne viele Worte

20 Minuten steht Support-Act Robert Redweik zu Beginn des Abends auf der Bühne der Muffathalle. Der 31-jährige Newcomer aus München begleitet Oerding bei den Konzerten im südlichen Raum. In München hatte er natürlich Heimspiel, singt unter anderem seinen YouTube-Hit „Der Letzte macht das Licht aus“. Was natürlich nicht sinnbildlich für den Rest der Veranstaltung steht. Denn dann kommt Johannes Oerding auf die Bühne – gibt mit seiner vierköpfigen Band sofort Vollgas, ohne viele Worte. „Wenn du lebst“ singt er und das Publikum singt sofort mit. Überhaupt ist die Interaktion zwischen Fans und Musiker fließend an diesem Abend. Sänger und Songschreiber Johannes Oerding gibt alles und seine Anhänger geben noch ein bisschen mehr.

Johannes Oerding singt „Alles brennt“.
©Filtr Germany

2015 scheint sein Jahr zu sein, mit „Alles brennt“ ist Johannes Oerding so präsent wie lange nicht, kletterte direkt von Null auf Vier in den Charts, und das, obwohl der gebürtige Münsteraner schon 2009 mit seinem ersten Soloalbum „Erste Wahl“ auf sich aufmerksam machte. Nun füllt er die größeren Hallen, zog im Vorfeld des Konzertes vom kleineren Ampere nebenan in die größere Schwester, die Muffathalle um. „Vor zwei Jahren waren wir im Ampere, wollten nach dem Konzert nebenan in der Muffathalle ein wenig mitfeiern – aber wir wurden nicht reingelassen. Jetzt haben wir’s geschafft, jetzt sind wir hier.“

Ehrlich aber wahr

Und Johannes Oerding ist einer, dem man den Erfolg gönnt. Er scheint seine Bodenständigkeit nicht verloren zu haben, zeigt eine große Portion Humor und Selbstironie. Bevor er „Traurig aber wahr“ singt, leitet er den Song mit einer kleinen Anekdote ein: „Ist jemand von der Augsburger Allgemeinen hier heute Abend? Als wir das letzte Mal in Augsburg waren, wurde das Konzert danach komplett verrissen. Diesem Redakteur ist nun eine Songzeile der nächsten Nummer geschuldet“, witzelt der Sänger und singt dann: „Und dieser Zeitungsredakteur, der selber gern‘ Musiker wär‘, hatte früher mal ‘ne Band, die außer ihm sonst niemand kennt.“

Überhaupt bestechen die Songs durch ehrlichen Text, der spontan aus dem Leben gegriffen scheint. Dabei kommen dann auch mal Nummern heraus wie „Nie wieder Alkohol“ – ein Lied, das keine schweren emotionalen Ergüsse beinhaltet, sondern mit einem ganz banalen Thema daherkommt.

Großer Junge, großer Spielplatz

Immer wieder wechselt Oerding zwischen zwei Gitarren, tanzt zeitweise über die Bühne, als gäbe es kein Morgen und wirft zur Krönung die Gitarre in den Backstage-Bereich. Die Bühne scheint wie ein Spielplatz für den 33-Jährigen, auf dem er sich austoben, zeitweise mit Abschweifungen in andere Musikrichtungen wie zu Bruno Mars‘ aktueller Nummer „Uptown Funk“, ausprobieren kann. Und wenn ihm das zu langweilig wird, dann hüpft er eben mal ins Publikum, fordert dieses dazu auf, sich hinzusetzen, um dann bei Drei in die Höhe zu springen. Und das macht mit, gerät in immer ausgelassenere Stimmung. Selbst die Männer lassen sich von Johannes Oerding zum Mitsingen animieren, die an diesem Abend nach eigener Aussage des Sängers überraschend zahlreich erschienen seien.

Die Setliste der Songs, die nicht nur auf die neuen Titel begrenzt ist, sondern auch einige alt bekannte Johannes Oerding Songs beinhaltet, ist gut gewählt. Sie kreiert genau die nötige Balance aus rockigen, poppigen Klängen und Balladen. So schafft es der in Hamburg lebende Künstler, fast drei Stunden lang Spannung zu halten und sein Publikum nicht zu verlieren, sondern auf seine Seite zu ziehen, ihm rüberzubringen, in welche Richtung der Abend laufen soll. Am Ende der Veranstaltung ist klar: Johannes Oerding ist Ermittler und Täter zugleich, weiß sich selbst und seine Nummern genau einzusetzen und übernimmt von Beginn an die Bühne in allen möglichen Rollen. Ein Konzert, das mit seinem Unterhaltungswert und Facettenreichtum sicher jeden Tatort-Abend der vergangenen Wochen um Längen schlägt.

Johannes Oerding Konzert München
Die Stimmung in München war grandios.
©Facebook/Johannes Oerding
Stefanie Rigling
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