Töne aus unserem schönen Erzgebirge

Oh Arzgebirg!

Das Erzgebirgische ist einer dieser Dialekte, der sich erstaunlich lange und beständig hält, was wohl auch damit zu tun hat, dass die Menschen im Erzgebirge damit ihre eigene kleine Kultur verbinden. Und diese Kultur ist ihnen heilig.

Die Hormersdorfer Mundartuhr.

Dies äußert sich natürlich auch in der Musik, weswegen das Erzgebirge so einige herausragende musikalische Botschafter hervorgebracht hat, die das Ansehen der erzgebirgischen Mundart über die regionalen Grenzen hinaus bekannt und beliebt machen.

Der Dialekt – Mit Vorsicht zu genießen

Das Erzgebirgische wird heute noch im westlichen Teil des Erzgebirges in Sachsen und im Oberharz in Niedersachsen gesprochen. Seit der Wiedervereinigung und der demographischen Veränderung jedoch werden diejenigen, die die erzgebirgische Mundart beherrschen zusehend weniger. Der ehemalige Sprachraum im tschechischen Sudetenland fiel bereits mit der Vertreibung der dort ansässigen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg weg.

Der Dialekt selber, der allerdings aufgrund der Tatsache, dass er auf der Schneide zwischen Mittel- und Oberdeutsch steht, nicht ganz einheitlich ist, klingt für denjenigen, der ihn nicht beherrscht, zunächst einmal fremd. Das hat er wohl mit allen Dialekten gemein. Nicht nur wird die hochdeutsche Grammatik teilweise stark verändert - hochdeutsche Wörter werden gravierend und bis zur Unkenntlichkeit verkürzt - auch beherbergt das Erzgebirgische einen eigenen Wortschatz, den nur der Studierte oder damit aufgewachsene Sprecher zu verstehen weiß.

So wird beispielsweise der Nachmittag zum nààmitsch, das Taschentuch zum schnubbdichl oder, und hier kann es zu gefährlichen Missverständnissen kommen, das Feuer zum feier.

Kultur und Freude

Das Erzgebirge ist von der Montanindustrie geprägt. Die allgegenwärtige Tradition, die man überall und an jeder Ecke antrifft, ist meistens auf eine lange zurückreichende Geschichte von in Bergwerken schuftenden Kumpels geprägt. Der alte Bergmannsgruß „Glück auf!“ begegnet einem ebenfalls ständig und findet sich auch in den Reihen der deutschen Sozialdemokratie als beliebte Grußformel. So hat das Erzgebirgische seinen Weg in die bundesdeutsche Politik gefunden.

Dem Rest Deutschlands ist die erzgebirgische Tradition vor allem durch seine Weihnachts- und Adventsbräuche bekannt. Von Weihnachtspyramiden über Räuchermännchen bis hin zum klassischen Nussknacker stammen so einige Selbstverständlichkeiten der bürgerlichen Stube in der Weihnachtszeit aus der Region in Sachsen.

„Im Winter weiß, im Sommer grie, oh Erzgebirg, wie bist du schie!“

Tradition Erzgebirge
Die großen traditionellen Bergparaden im Erzgebirge.
©Wikicommons

Die singenden Botschafter des Erzgebirgischen

Zahlreiche Vertreter der Schlager- und Volksmusik begeistern seit jeher deutschlandweit das zugehörige Publikum und tragen so die frohe Botschaft, dass das Erzgebirge weitaus mehr repräsentiert als beschauliche Weihnachtszeit-Utensilien in die ganze Welt.

De Erbschleicher zum Beispiel veröffentlichten 2004 ihr erstes Album „Mach de Schuh zu“, nachdem sie bereits viele Jahre erfolgreich Konzerthallen füllend durch die Region gezogen waren. Die drei Jungs, die ihr Handwerk einwandfrei beherrschen, haben Gassenhauer wie „Schmeiss de Baa In De Höh“ 2005 oder den „Olympia Song“ 2006 veröffentlicht.

De Erbschleicher live Konzert
De Erbschleicher live in Fürstenau.
©Wikicommons/Jens Jäpel alias SpaceJ

Seit 1992 gibt es dann De Randfichten, die 2004 den Super-Coup landeten, als sie ihren Song „Holzmichl“ veröffentlichten, der für immer in die Annalen der Volksmusik eingehen und dem Erzgebirgischen damit ein ewiges Denkmal setzen sollte. So gewannen die drei Männer 2005 den Echo in der Kategorie „Beste Volkstümliche Musik“ und die Krone der Volksmusik. Hier ein kleiner Ausschnitt aus dem Song „Steig ei, steig ei, mir fahrn in de tschechei“:

„Jedes Wochenend giets fei rund an unnrer Grenz

Siesste Menschen Schlange steh fast bis ze dr Schneidmiehl hie.

Zwicke, Werdau, Reichenbach, Obervogtland, Eisenach,

überol haar sei de Leit, ja is das net e Freid.

Noch nor halbn Stund Wartezeit bist de nu of böhmscher Seit.

Nochert rennst de wie e Vieh von Bud ze Bud mol har und hie.

Ernte, Dunhill, Stuyvesant, Zigaretten ollerhand.

Mit 18 Mark bist de drbei, ia is das net e Freid.“

Als Klassiker und Vorreiter der volkstümlichen Musik erzgebirgischer Mundart gelten heute die Geschwister Caldarelli, die von den 30er bis in die 50er Jahre hinein das Aushängeschild der musikverliebten Erzgebirger darstellten. Bis heute sind die hübschen Mädels von damals unvergessen und ein Teil des kollektiven Volksmusik-Gedächtnisses.

Schon länger unterwegs gewesen, doch 2003 ein fulminantes Debüt hingelegt, repräsentieren auch De Krippelkiefern heute einen wichtigen Teil der erzgebirgischen Kultur und Musik. Sie stehen nämlich für eine neue, eine modernere Version der Volksmusik, die sogenannte „Neue Volksmusik“. Das Album „Es gieht mich ja nischt a…“ leitete eine großartige Karriere ein, die Songs wie „Ode an das Erzgebirge“, „Glückauf Reggie“ oder „Laabn in ner fremden Stadt“ hervorbringen sollte. Ein Ausschnitt aus dem Lied „Es gieht mich ja nischt a…“:

„Es gieht mich ja nischt a ...

Naa, es gieht mich ja nischt a, und ich soch a nischt drzu.

Aber haste die däh gestern frieh gesah ?

Naa, es gieht mich gar nischt a, dr liebe Gott sei do drfier.

Aber hot die net schu wieder en neie Maa ?

Jedn Toch bis in de Nacht,

ward bei dar Krawall gemacht.

Frieh de Kinner un am Obnd dann die Musik.

Un des scheppert und des kracht, manchmol bis spät in de Nacht,

Dann sei do Leit do un die ham a noch gelacht.

Naa, es gieht mich ja nischt a, und ...

Gestern obnd wars wieder su,

ich un dr Kurt, wir warn noch auf.

Doch auf amol do wars ganz gaaling ruhig.

Un dann hammer schu gedacht, itze ham se Schluß gemacht.

Do fängts ze knarrn a un es rummst de ganze Nacht.

Naa, es gieht mich ja nischt a, und ich soch a nischt drzu.

Aber hot die net schu wieder en neie Maa?“

Wer könnte ihn vergessen? Joachim Süß. 1932 geboren, mit 14 seine erste Band gegründet und seitdem nie stillgestanden, immer den Ruhm der erzgebirgischen Mundart vergrößernd. Joachim Süß, der Volksmusiker und Star des Erzgebirges hat bisher 122 Tonträger verschiedenster Machart veröffentlicht, 372 Songs gesungen und mit jedem zusammengearbeitet, der zu seinen Lebzeiten im Erzgebirge Rang und Namen hatte. Das Urgestein ist nicht wegzudenken und die Bereicherung, die das Erzgebirgische und seine Musik durch ihn erfahren hat, ist unermesslich.