Schlager, Du schaffst das schon!

Identitätskrise

„Schlager, Du schaffst das schon“, möchte man ermutigend rufen, wenn man in die Pressetexte mancher Plattenfirmen blickt. Steckt der Schlager in der Identitätskrise?

KLUBBB3 erobern mit Schlager pur die Charts.

Die Grenzen zwischen Schlager und Pop sollen immer mehr verwischen, Brücken werden gebaut und um Akzeptanz gerungen. Der Blick in einige Pressetexte der aktuellen Erscheinungen wirkt teilweise wie eine Rechtfertigung – eine Untermauerung, dass Schlager nicht nur Frohsinn, begleitet von Dudel-Discofox-Beats und schönen Frauen, ist. Jetzt wird es modern, griffig und lebensnah.

Die akrobatischen Höchstleistungen, die der Schlager offenbar auf sich nimmt, werfen eine Frage auf. Darf Schlager nicht einfach Schlager sein? Würden Songs wie der „Zug nach Nirgendwo“ heute ausgebremst werden und „Michaela“ und Co. als weniger liebenswert empfunden werden?

Schlager als Hit

Schon diese Fragestellung wirft ein Definitionsproblem auf. Was ist denn Schlager überhaupt? An sich könnte der Begriff als deutsches Äquivalent zum englischen Begriff „Hit“ gesehen werden – schließlich sendet unter anderem Bayern 3 seine Charts noch immer als die „Schlager der Woche“. Auch wenn dies wie eine plausible Definition klingen mag, scheint es in den Köpfen der Medien etwas anders anzusehen. Kaum Schlagerkünstler laufen im regulären Programm auf der UKW-Frequenz – lieber besinnt man sich auf „Hits“ aus Übersee und den angesagten Deutsch-Pop á la Andreas Bourani.

Ich bin der Meinung, dass eine Zeitepoche zu Ende geht, sagt Howard Carpendale über den Schlager. Die Zeit der Hits sollte hoffentlich nie zu Ende gehen, aber die des Schlagers? „Ich habe in den 80er Jahren entschieden, irgendwie muss meine Musik sich weiterentwickeln. Nicht immer nur ‚Hello Again‘, Das ist einfach nicht die Musik von heute. Wenn ich zurückdenke, an die ganzen Kollegen, die ich in den 70er Jahren hatte, da sind keine von übrig geblieben, weil sie irgendwie versucht haben, die Musik so zu halten, wie sie war. Das ist ein Fehler!“

Zeit- und altersgemäß

„Das schöne Mädchen von Seite eins“ sieht der Sänger heute als „antiquitiert“ an. „Ich will nicht dies, ich will nicht das, will keine Uhr, kein Opernglas“, heißt es in dem Song unter anderem. Und tatsächlich können die wenigsten Schlagerkünstler der 70er und 80er sich bis heute noch Charterfolge einfahren. Künstler wie Roland Kaiser und auch Howard Carpendale schreiben sich Attribute wie „zeitgemäß“ und „altersgemäß“ auf die Fahnen.

Da ist es sicherlich die Rettung für den „Schlager in Reinform“ mit Sonnenuntergang, Südsee und Co., dass ausgerechnet die Schlagerjugend mit Schmalz, Schmerz – und natürlich Herz angreift. KLUBBB3 vermarktet sich als Schlager ohne Kompromisse. Hier darf die rote Sonne von Barbados noch untergehen und sich Herz und auf Schmerz reimen. Und das geht auf! Bisher ist „Vorsicht unzensiert“ von KLUBBB3 die erfolgreichste Schlagerveröffentlichung des Jahres.

Es kann also noch funktionieren – und wie! Es scheint fast, als saugten die Schlagerfans die Melodien von Florian Silbereisen, Jan Smit und Christoff auf wie Staubsauger. Aber auch bei Musik über Frohsinn, schöne Mädchen und Unbeschwertheit, darf auch die Authentizität nicht fehlen. Ohne das Image der Lausbuben von KLUBBB3 wäre so ein Song wie „Du schaffst das schon“ vielleicht nicht halb so spaßig.

Howard Carpendale: „Die Schlager verabschieden sich“

„Ich weiß nicht, was ich einem jungen Sänger heute raten würde“ – Howard Carpendale denkt viel über die Welt nach. Am 07.11. gibt es bei SchlagerPlanet Radio einen Blick in seine Gedankenwelt, Ängste und Hoffnungen. Hier ist ein Vorgeschmack…