Ein Abend mit dem schwärzesten Stern der Volksmusik

50 Jahre Heino: Konzert im Backstage in München 2015

Heino live

Wie lassen sich 50 Jahre Heino am besten mit dem aktuellen Rocker-Image des Künstlers verbinden? Einen soliden Lösungsvorschlag lieferte die Legende gestern in München.

Heino live München
Heino solidarisierte sich auf dem Konzert mit seinem Rockerpublikum.

„Hier kommt die Sonne – sie ist der hellste Stern von allen!“, sang Heino auf dem Metal-Festival „Wacken“ vor zwei Jahren gemeinsam mit der Kult-Band Rammstein. Auch im Backstage in München hausierte gestern eben dieser Heino und nach eineinhalb Stunden voller blauer Enziane und gelben Wägen, blieb ein Fazit stehen: „Hier kommt Heino – er ist der schwärzeste Stern der Volksmusik“.

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Vereint in Schwarz

Der Neu-Rocker hatte die ranzige Location in fester Hand: Tribalshirt trifft Steppweste, Headbanging trifft Schunkeln. Tatsächlich gab es auf diesem Konzert nichts, was es nicht gab. Vereint war jedoch alles in einem Schwarz: Von den schweren Vorhängen in der Halle über die Glam-Rock-Outfits der Backgroundsängerinnen bis hin zu Heinos Sonnenbrille. Ja, so schwarz, schwarz, schwarz blüht der Enzian.

Heino live München
Heino wagte auf der Bühne einen Spagat.
©SchlagerPlanet/Jenny Rommel

„Schwarz blüht der Enzian“ bezeichnet bereits die Idealbezeichnung des gestrigen Abends. Denn auch, wenn er schwarz war, blühen durfte der Enzian trotzdem. Der Bariton-Barde brachte ein Programm auf die Bühne, das gleichermaßen seiner Wurzeln und seiner Gegenwart gedachte. Während „Blau blüht der Enzian“ mit atmosphärischen Metalklängen auftrumpfte, blieb „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ vorerst zurückhaltend still.

Zwischen Kirchgang und Kirmes

Bei allen Stücken, ob im Schunkel- oder Schauermodus, kam die Stimmung selten abhanden. Mal wogen sich die Arme sanft von rechts nach links, mal regierte die eiskalte Rockerklaue und immer wieder stieg ein regelrechter Smartphone-Wald empor. Und Heino stand stets über den Dingen. Als wolle er sich in das Gehirn seiner Zuschauer pflanzen, erhob er die Arme und beherrschte die Massen.

Heino live München
Heino stand in rockiger Montur auf der Bühne.
©SchlagerPlanet/Jenny Rommel

Zwischendrin sorgte der Sänger immer wieder für Lachen, als er zum Beispiel als lebendiger Weihnachtsbaum auf der Bühne erschien – in einem Ledermantel mit Leucht-Elektroden.

Die Herzen der Headbanger flogen dem ehemaligen Volksmusiker entgegen. Entschiedene, männliche „Heino, Heino“-Rufe lockten den 76-Jährigen mehrmals zurück auf die Bühne. Doch genauso gab es sie noch: nicht die Heino-Fans der ersten Stunde, aber zumindest der zweiten. Eher zurückhaltend in den hinteren Sitzreihen, doch da waren sie. Irgendwie vereint wurden diese Gruppen, die so viel gemeinsam hatten wie ein Kirchgang mit der Kirmes, mit den Neu-Interpretationen von „Junge“, „Ein Kompliment“ oder „Alles nur geklaut“.

Willkommen im Paralleluniversum

Fast fühlte man sich wie in einem unbekannten Paralleluniversum, wo der schwärzeste Stern der Volksmusik, eine ungeahnte Wirkung auf Jung und Alt hat. Fliegende Fäuste und bebende Böden bei Volksliedern wie „Schwarzbraun ist die Haselnuss“? Das erschien auf den ersten Blick befremdlich, auf eine Art absurd und dann auch wieder sehr bewundernswert. Zu manchen Zeiten herrschte auch im Publikum Verwunderung – soll ich jetzt tatsächlich zu „Hoch auf dem gelben Wagen“ in die Lüfte springen?

Heino hat sein Publikum um 40 Jahre verjüngt. Diesem Publikum passte er sich mit flotteren Arrangements seiner Stücke an. Die süße „Rosamunde“ verwandelte sich in eine Rockröhre, „die schwarze Barbara“ wurde noch ein bisschen schwärzer. Letztendlich standen die Rocker am Ende noch immer mit stolzer Brust in den ersten Reihen und das gemächlichere Semester saß auch nach eineinhalb Stunden noch mit mildem Lächeln auf der Randtribüne.

Neben der 100-prozentigen Erfüllung der Aufgabe „50 Jahre Heino“ trifft „Schwarz blüht der Enzian“ und der Überwindung von musikalischen Grenzen erreichte Heino noch ein ganz besonderes Ziel: Dank seinem Elektroden-Jackett freuen wir uns jetzt erst so richtig auf Weihnachten!

Melanie Gladbach
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