Udo Jürgens live in München: stark wie eh und je

Udo Jürgens: München - Konzert in der Olympiahalle

Der Altmeister live!

Kaum ein großer Star dürfte häufiger in dieser Stadt gastiert haben als Udo Jürgens. Dennoch füllten seine Fans auch gestern wieder die Münchner Olympiahalle. Sie kamen mit hohen Erwartungen und sollten nicht enttäuscht werden.

Udo Jürgens Olympiahalle München
Udo Jürgens bewies auch in München, dass er ein Bühnenprofi ist.

„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“ heißt eine der berühmtesten Songzeilen von Udo Jürgens. 14 Jahre später, mit 80, ist er „Mitten im Leben“, wie der Titel seines aktuellen Albums verrät. In der prall gefüllten Münchener Olympiahalle ließ er nichts von seiner gewohnten Frische und Ausstrahlung vermissen. Mit lässiger Routine, aber immer noch spontanen Einlagen auf Reaktionen des Publikum führte der Sänger und Entertainer durch den Abend. Und es war keine reine Neues-Pause-Altes-Show: Die Songs seines aktuellen Albums mischte er gekonnt mit den Hits aus 50er Jahren.

Dramatische Botschaften in eingängigen Melodien

Auch nach so langer Zeit verläuft kein Konzert wie jedes andere. In seiner Begrüßungsrede erklärte Udo Jürgens, er sei nie so gerührt vom Empfang durch ein Münchner Publikum gewesen wie heute. Er begründete dies mit den vielen Erinnerungen an diese Stadt, in der er lange Jahre lebte. Das Publikum dankte ihm mit einem langen Applaus. Danach ergänzte Udo, dass er dankbar sei, in einer Welt, in der man jung sein müsse, noch die Kraft für solche Konzerte zu haben. Und wie zum Beweis dafür schwang er sich an den Flügel und legte los mit seiner Begleitband, dem Orchester Pepe Lienhardt.

Die Lieder von „Mitten im Leben“ entführten das Publikum nicht in eine Scheinwelt von purer Liebe und Harmonie, sondern in die schroffe Realität des Hier und Jetzt. In dem Song „Der gläserne Mensch“ sang Udo von Lauschangriffen und Abhörskandalen. Beim Lied „Die riesengroße Gier“ sah ihn jeder im Publikum vor sich: den kleinen Jungen, der seinem geschäftstüchtigen Vater leise zuruft: Ich weiß nicht, ob ich das alles will, ich will mit dir einen Drachen bauen. Der Star schaffte es auch gestern Abend, dramatische Botschaften mit eingängigen Melodien in die Herzen einzupflanzen.

Bei den „Oldies“ stimmte die ganze Halle ein

Nach der Pause standen neben einigen neuen Songs dann doch die Evergreens im Vordergrund. „Griechischer Wein“ trug er zunächst gemächlich vor. Doch als das Orchester in einen Syrtaki-Rhythmus einstimmte, gab es kein Halten mehr und Hunderte von Menschen stürmten von den Sitzplätzen nach vorn an die Bühne. Feuerzeuge und Lichtstäbe leuchteten in der Olympiahalle bei „Ich war noch niemals in New York“. Schließlich rief Udo ins Publikum: „Lasst uns noch ein paar Oldies spielen“ und stimmte sie an: „Ein ehrenwertes Haus“, „Aber bitte mit Sahne“ und „Mit 66 Jahren“.

Auch die klassische Udo-Jürgens-Zugabe im weißen Bademantel blieb nicht aus. Ohne Orchester, nur solo am Klavier, bewies der Sänger bei Songs wie „17 Jahr, blondes Haar“, dass seine Stimme noch immer die Kraft wie vor Jahrzehnten hat. Nachdem er abermals die Bühne verlassen hatte, sang das Publikum noch minutenlang das „du-dee-du-de-du-duduu“ von „Liebe ohne Leiden“, bis der Sänger schließlich zu einer zweiten Zugabe zurückkam. In seinem sentimentalen neuen Song „10 nach 11“ sang er nach exakt drei Konzertstunden von der Einsamkeit des Künstlers auf einer Tournee in der Nacht und verabschiedete sich mit hundertfachem Händeschütteln.

Fazit: Weit mehr als ein Schlagerkonzert

Gestern Abend erlebten die Besucher nicht nur den Sänger am Flügel, sondern eine Show mit internationalen Solisten der Extraklasse. Die New Yorker Soul-Sängerin Dorothea Lorraine oder die Geigerin Asya Sorshneva aus Moskau bestachen ebenso durch ihr Können wie die Drummer, Saxophonisten oder Percussion-Spieler des Orchesters. Und wer Udo Jürgens in die Schlager- oder Chanson-Schublade stecken wollte, bekam spätestens bei Rockballaden wie dem kirchenkritischen „Krone der Schöpfung“ mit einem beinahe aggressiven E-Gitarren-Solo eine Idee von der künstlerischen Bandbreite des Sängers und Komponisten Udo Jürgens.

„Der Mann ist immer noch der Wahnsinn“, erklärte Konzertbesucherin Gaby aus Ingolstadt auf dem Heimweg. „Ich habe jedes Konzert von ihm in München gesehen, und auch heute war es jeden Cent des teuren Tickets wert“, gestand Inge aus München. Auch nach über 50 Jahren auf der Bühne versteht es Udo Jürgens, sein zweifellos verwöhntes Konzertpublikum zu begeistern.

Jens Kügler
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